"Für 100 Jahre geht’s mir eigentlich gut", sagt Margot Friedländer und lacht. "Aber wie man sich fühlt mit 100? Das weiß ich auch nicht genau. Ich fühle mich jedenfalls nicht wie 100." Sondern? Sie habe eine andere Zeitrechnung, erklärt sie: "Das ist mein viertes Leben." Was waren die ersten drei? "Die Kindheit. Eine zu kurze Jugend. Amerika."

Eine zu kurze Jugend. Was für eine Formulierung für die Tragödien in ihrem, wie sie es nennt, zweiten Leben. Margot Friedländer, geboren am 5. November 1921 in Berlin, hat den Holocaust überlebt, sie hat sich jahrelang vor den Nazis verstecken müssen, wurde dann doch ins KZ gebracht. Sie kam mit dem Leben davon – im Gegensatz zu ihrem Vater, zu ihrer Mutter, zu ihrem vier Jahre jüngeren Bruder. Nach dem Krieg zog sie mit ihrem Mann nach Amerika, ihr drittes Leben begann.