Kleine Vorbemerkung, weil es jetzt ein wenig Gezerre um die irische Autorin Sally Rooney gibt. Die ersten beiden Romane von Rooney hatten Begeisterungsstürme ausgelöst, und nun, da der dritte Roman Schöne Welt, wo bist du erschienen ist, werden Bedenken laut – bei der Kritik und in den sozialen Medien. Dazu dies:

1. Wenn sich ein Buch 46.000-mal in der Woche des Erscheinens in Großbritannien verkauft und zum schnellen Abverkauf ein Pop-up-Shop entsteht und Raubkopien am Schwarzmarkt auflaufen, dann handelt es sich nicht zwingend um "Hype", ein medial hochgepushtes Pseudo-Event. Vielleicht geht es einfach um ein sehr interessantes Buch?
2. Wenn eine Autorin mit 26 ihr erstes Buch veröffentlicht, ist das noch kein Fräuleinwunder. James Joyce veröffentlichte an seinem 22. Geburtstag die Novelle Bildnis des Künstlers als junger Mann, ein Meisterwerk.
3. Wenn die Figuren eines Romans um die 30 sind, wird das Buch dadurch nicht zwingend zum Generationenroman. Niemand würde Romeo und Julia als Generationendrama interpretieren.
4. Man muss auch ein Buch, das von Menschen um die 30 erzählt, nicht als "Coming-of-Age-Werk" labeln. Die zwei Frauen und zwei Männer, deren Geschichte Sally Rooney erzählt, sind ganz erwachsen, aber sie haben ihren Platz im Leben, ihre Rolle in der Gesellschaft nicht gefunden, und das sagt so viel über die Gesellschaft aus wie über sie, so gesehen ist das Buch ein Zeitporträt.